„Ptolemäus, der König von Ägypten, hatte die Bibliothek zu Alexandrien erbaut und füllte sie, indem er Bücher aus allen Teilen zusammentrug. Danach erfuhr er, dass die sehr alten Geschichtswerke, die in Hebräisch abgefasst waren, sorgfältig verwahrt würden. Da er ihren Inhalt kennenlernen wollte, ließ er siebzig weise Männer aus Jerusalem rufen, die sowohl die griechische als auch die hebräische Sprache kannten. Er befahl ihnen, die Bücher zu übersetzen. Damit sie, frei von jeglicher Störung, das Übersetzungswerk umso rascher vollenden könnten, ließ er ebenso viele Hütten errichten, wie es Übersetzer gab – nicht in der Stadt selbst, sondern sieben Stadien entfernt. […] Den mit der Aufsicht betrauten Beamten befahl er […], jeglichen Umgang [der Übersetzer] miteinander zu verhindern. Dies geschah, damit die Zuverlässigkeit der Übersetzung durch ihren Gleichklang geprüft werden könne. Als Ptolemäus entdeckte, dass die siebzig Männer nicht nur denselben Sinn, sondern sogar dieselben Worte wiedergegeben hatten, […] hielt er die Übersetzung für ein Werk göttlicher Macht. […] Ihr Männer von Griechenland, das ist kein Märchen. Noch habe ich euch etwas Erdachtes erzählt. Vielmehr bin ich selbst in Alexandrien gewesen und habe die Überreste jener kleinen Hütten am Pharos gesehen, die noch immer bewahrt werden. Und ich habe dies von den Einwohnern gehört, die es als Teil der Überlieferung ihres Landes erhielten. Ich habe euch berichtet, was ihr auch von anderen erfahren könnt – besonders von jenen weisen und hochgeachteten Männern, die davon geschrieben haben: Philo und Josephus.“
Quelle: The Ante-Nicene Fathers, Bd. 1, 1885, S. 278–279.Mahnrede an die Griechen (Kap. 13)
Verfasst von
Justin der Märtyrer
Justin (ca. 100–165 n. Chr.), geboren in Flavia Neapolis (heute Nablus, Palästina), einer der ersten großen christlichen Apologeten, hatte infolge intensiver Auseinandersetzung mit verschiedenen philosophischen Schulen (von Stoizismus bis Platonismus) zum Christentum gefunden, das er als „wahre Philosophie“ verstand. Er wirkte als christlicher Lehrer, Missionar und Schriftsteller in Kleinasien und Rom. Seine wichtigsten Werke sind seine beiden Apologien und der „Dialog mit dem Juden Tryphon“, worin er den christlichen Glauben Heiden und Juden gegenüber darlegt und verteidigt. Unter Mark Aurel (121–180 n. Chr.), Kaiser von Rom (161–180 n. Chr.), wurde Justin wegen seines öffentlichen Bekenntnisses zusammen mit einigen seiner Schüler enthauptet. Seine Schriften sind bis heute eine der aufschlussreichsten Quellen zur Erforschung des frühen Christentums. Alle Beiträge von Justin der Märtyrer anzeigen