Das Studium der Kirchenväter („Patristik“) ist elementar, um christliches Denken in seiner historischen und systematischen Tiefe zu erfassen. Patristik betrifft mehr als eine Übergangsphase zwischen der Urkirche und der mittelalterlichen Kirche – sie ist Ausdruck eines vielstimmigen Diskurses, in welchem Glaube, Vernunft und Kultur miteinander ringen.
Die Schriften der Apostolischen Väter, wie Clemens von Rom oder Ignatius von Antiochia, und frühchristliche Apologeten, wie Justin dem Märtyrer, Irenäus von Lyon oder Tertullian von Karthago und vielen weiteren, zeugen von einer intensiven innerkirchlichen, aber auch nach außen gerichteten geistigen und geistlichen Auseinandersetzung: Grundlegende Inhalte wie Trinität, Christologie und Soteriologie wurden erstmals systematisch reflektiert. Die Beschäftigung mit der Patristik fordert heraus, christliche Identität zwischen Tradition und Erneuerung zu definieren.
Patristische Theologie steht stets im Dialog mit ihrer Umwelt: römisch, hellenistisch und jüdisch. Kirchenväter wurden zu Vermittlern des Evangeliums in ihre Zeit, griffen philosophische und kulturelle Strömungen auf und beantworteten aktuelle Fragen zu Toleranz, Wahrheitsfindung, Vernunft und Tradition, die bis heute relevant sind.
Die Wirkung der Patristik auf Kirchengeschichte und Theologie ist tiefgreifend: Ohne ihre Grundlagen wären die Ausformulierungen zentraler Dogmen, die Etablierung liturgischer Ordnungen und manch kirchlicher Strukturen nicht denkbar. Ihre Texte sind Ursprünge der Auslegungstraditionen in Ost- und Westkirche und zeigen auch Konflikte und Grenzen theologischen Denkens auf.
Patristik lädt ein, Gewohntes zu hinterfragen, eröffnet Wege zur geistlichen Tiefe des frühen Christentums und schärft historisches Bewusstsein. Die Beschäftigung mit der Glaubens-, Lebens- und Erfahrungswelt der frühen Christen bietet wertvolle Impulse auch für den innerchristlichen Dialog und die Orientierung der weltweiten christlichen Gemeinschaft in Gegenwart und Zukunft.
