Die Prozeßeinreden gegen die Häretiker (Kap. 33)

„[…] ich [füge] noch […] eine Musterung jener Doktrinen [hinzu], […] auf welche diese selbigen Apostel hinwiesen und den Fluch legten. Denn so werden sie leichter widerlegt, wenn sie als solche ertappt werden, die schon damals existierten […]. Im ersten Korintherbriefe brandmarkt Paulus die Leugner und Bezweifler der Auferstehung [Kap. 15,12]. Diese Lehrmeinung gehört eigentlich den Sadduzäern an. Ihre Rolle übernehmen Marcion, Apelles, Valentinus und die etwa noch übrigen Zerstörer der Auferstehungslehre. Im Briefe an die Galater [Kap. 5,2] erteilt er den Beobachtern des Gesetzes und den Verteidigern der Beschneidung eine harte Rüge. Es ist die Häresie Hebions. In der Unterweisung für Timotheus [1. Timotheus 4,3] trifft seine Rüge auch die Verbieter des Heiratens. So lehren aber jetzt Marcion und sein Nachtreter Apelles. Ebenso faßt er die an, welche vorgaben, die Auferstehung sei schon geschehen [2. Timotheus 2,18]. Das behaupten von sich die Valentinianer. Und wenn er dann den Ausdruck ‚endlose Genealogien‘ braucht [1. Timotheus 1,4], so erkennt man darin Valentinus wieder […]“

Quelle: Tertullians apologetische, dogmatische und montanistische Schriften, übersetzt von Dr. K. A. Heinrich Kellner, in: Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 24, 1915, S. 341/687.

Gegen Marcion I 27

„Es ist [von Häretikern/Irrlehrern] ein besserer Gott entdeckt worden, der weder beleidigt werden, noch zürnen und ahnden kann, der kein Feuer in der Hölle lodern lässt, bei dem uns kein Zähneknirschen in der äussersten Finsternis in Schrecken setzt; denn er ist ausschliesslich gut. Infolge davon verbietet er zwar die Sünde, aber bloss auf dem Papiere. Es steht ganz bei euch, ob ihr euch zum Gehorsam gegen ihn verpflichten wollt, damit es wenigstens den Schein hat, als hättet ihr Gott die Ehre angethan; denn Furcht verlangt er nicht. Daher brüsten sich denn die Marcioniten auch damit, dass sie ihren Gott ganz und gar nicht fürchten. Wenn er böse wäre, sagen sie, dann würde er gefürchtet, der gute hingegen wird geliebt werden. Wenn du ihn den Herrn nennst und dabei doch sagst, man brauche ihn nicht zu fürchten[,] so ist das ein Unsinn; denn der Name Herr bezeichnet ja eben eine Furcht einflössende Machtstellung.“

Quelle: Tertullians sämtliche Schriften, übersetzt von Dr. Karl Adam Heinrich Kellner, 1882, S. 164–165.

Origenes’ Kommentar zu Johannes X 4

„Marcion, so denke ich, hat die heilsamen Worte in verkehrtem Sinne genommen, als er die Geburt Jesu aus Maria verworfen und behauptet hat, nach seiner göttlichen Natur sei er nicht aus Maria geboren. Darum hat er kühn die Stellen aus dem Evangelium getilgt, die solches bezeugen. Und ein gleiches Los scheinen jene erlitten zu haben, die seine Menschheit verwerfen und allein seine Gottheit annehmen. Wiederum aber gibt es andere, die in das entgegengesetzte Extrem verfallen, indem sie seine Gottheit leugnen und behaupten, er sei nur ein heiliger Mensch und der gerechteste unter allen Menschen gewesen.“

Quelle: The Ante-Nicene Fathers, Bd. 9, 1896–1897, S. 384.