Wer ist Jesus Christus?

Die Biografie Jesu Christi finden wir in den Berichten der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Diese Berichte, „Evangelien“ [1] genannt, sind Bestandteil des Neuen Testaments, des zweiten Hauptteils der Bibel – der heiligen Schrift der Christen. Diesen Evangelien können wir (unter Berücksichtigung weiterer historischer Quellen) Folgendes entnehmen:

Jesus Christus wurde im Herbst des Jahres 2 v. Chr. in Bethlehem, Judäa, geboren. [2] Er wuchs in Nazaret auf und begann im Herbst des Jahres 29 n. Chr. seinen öffentlichen Dienst. Jesus verkündigte das Reich oder die Herrschaft Gottes. Wesentliche Elemente dieser Botschaft sind die Liebe Gottes zu uns Menschen, die Vergebung unserer Schuld, die wir vor Gott haben und die uns von ihm trennt, und unsere Erlösung vom Todesgeschick. Jesus lehrte, nach welchen Prinzipien Gott regiert, und sagte allen, die an ihn glauben (d. h. ihm als Retter und Herrn vertrauen), ewiges Leben im kommenden Reich Gottes zu. [3]

Während seines Dienstes wirkte Jesus viele Wunder. So heilte er etwa Menschen von Krankheiten, befreite sie von Dämonen (bösen Geistern) oder weckte sie von den Toten auf. Er versammelte eine Gruppe von Jüngern, „Apostel“ [4] genannt, um sich. Diese wurden von ihm gelehrt und ausgebildet.

In seinen Predigten beantwortete Jesus u. a. ethisch und moralisch relevante Fragen seiner Zuhörerschaft. Er wies so manche Ansicht religiöser Führer im jüdischen Volk jener Zeit zurück und kritisierte insbesondere deren Heuchelei und Doppelmoral. Seine eigenen Jünger rief er zu einem Leben in Nächstenliebe auf.

Gegen Ende seines irdischen Dienstes reiste Jesus nach Jerusalem, wo er das jüdische Passafest mit seinen Aposteln feierte, in dessen Anschluss er das Abendmahl einsetzte – jenes Mahl von Brot und Wein, das seiner Weisung entsprechend heute noch von der christlichen Gemeinschaft weltweit immer wieder gefeiert wird. Kurz darauf wurde er auf Betreiben religiöser Autoritäten verhaftet und vor Gericht gestellt. Seine Gegner hatten aus seinem Anspruch, der Sohn Gottes zu sein, eine politische Intrige geflochten. Das führte zur Verurteilung Jesu durch die römische Obrigkeit, vertreten durch Pontius Pilatus (26–36 n. Chr. Präfekt oder Statthalter von Judäa). Im Frühling des Jahres 33 n. Chr., einem 14. Nisan nach jüdischem Kalender,  wurde Jesus Christus außerhalb der Stadtmauern Jerusalems auf dem Hügel Golgota gekreuzigt [5] und starb.

Die Evangelien berichten, dass Jesus am dritten Tag nach seiner Kreuzigung von den Toten auferstand. Im Verlauf von weiteren 40 Tagen erschien er wiederholt seinen Jüngern. Schließlich wurde er in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen – er kehrte zu Gott, dem Vater, zurück, von dem aus er in die Welt gekommen war. In diesem Zusammenhang gab er seinen Jüngern den Auftrag, seine Botschaft in alle Welt hinauszutragen (Matthäus 28,19–20; Markus 16,15–16).

Diese Biografie ist sehr bedeutsam, weil der irdische Dienst und die Lehren Jesu Christi die Basis für den christlichen Glauben sind. Hinter dieser Biografie stehen mehrere tiefe Wahrheiten:

Wir Christen sind überzeugt, dass Jesus Christus nicht einfach ein Mensch wie jeder andere war, sondern „der Sohn des lebendigen Gottes“ ist (Matthäus 16,16), der seine hohe Position im Himmel aufgegeben hatte, um menschliches Wesen anzunehmen (Johannes 1,11.14.18; Philipper 2,6–8). Als Mensch lebte er unter uns und brachte für alle, die an ihn glauben, Versöhnung mit Gott (2. Korinther 5,19–20). Wer an ihn glaubt, wird durch den Tod, den Jesus am Kreuz starb, selbst vom Tod erlöst (Römer 3,23–26). Wer an Jesus glaubt, wird einmal selbst von den Toten auferweckt werden, um ewig im Reich Gottes zu leben (Johannes 5,24).

Als auferstandener Mensch ist Jesus Christus in die Herrlichkeit zu Gott, seinem Vater, zurückgekehrt (Philipper 2,9–11). Wir Christen glauben, dass er das wahre Menschsein und das wahre Gottsein in sich vereinigt – er, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist nun beides: wahrer Gott und wahrer Mensch. Darum kann allein er uns Menschen, die wir uns von Gott abgewandt haben, wieder mit Gott versöhnen (Kolosser 1,19–20; 1. Timotheus 2,5). Der Apostel Petrus drückt es so aus, dass „in keinem anderen […] das Heil [ist]; denn uns Menschen ist kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“, als allein der Name Jesu (Apostelgeschichte 4,12).

 

  1. Von griechisch εὐαγγέλιον euangelion ‚frohe Botschaft‘.
  2. Unsere offizielle Zeitrechnung weicht geringfügig von der tatsächlichen, historischen Datierung ab, was dazu führt, dass das Geburtsjahr Jesu Christi mit „v. Chr.“ (vor Christus) angegeben werden muss. Zu berücksichtigen ist auch, dass es, historisch gesehen, kein Jahr 0 gibt: Das Jahr 0, mit dem unser astronomischer Kalender rechnet, ist historisch das Jahr 1 nach seiner Geburt, also 1 n. Chr. Wenn Jesus Christus daher im Herbst des Jahres 2 v. Chr. geboren wurde und im Frühling des Jahres 33 n. Chr. starb, war er zum Zeitpunkt seines Todes 33½ Jahre alt.
  3. Dieses Reich bricht in das Leben eines Menschen hinein, wenn dieser zum Glauben an Jesus kommt. Wenn Jesus einmal wiedergekommen sein wird, dann wird dieses Reich die ganze Welt umfassen und an die Stelle aller anderen, menschlichen Reiche getreten sein.
  4. Von griechisch ἀπόστολος apostolos ‚Abgesandter‘.
  5. Eine römische Kreuzigung war mehr als eine Hinrichtung: Sie führte zu maximalem Leiden und öffentlicher Demütigung des Delinquenten. Die Römer entwickelten das Verfahren als besonders grausame und entwürdigende Art der Tötung, wobei i. d. R. weitere Misshandlungen und Verspottungen hinzukamen. Der Verurteilte wurde, wie mit Jesus geschehen, nicht selten zunächst gegeißelt, um ihn körperlich zu schwächen und zusätzliche Leiden zu verursachen. (Das war eine äußerst brutale Form der Auspeitschung, die allein bereits zum Tod führen konnte, wenn die Anzahl der Schläge ein bestimmtes Maß überschritten.) Danach musste der Hinzurichtende üblicherweise den Querbalken (das sogenannte Patibulum) selbst zur Hinrichtungsstätte tragen, wo er dann entweder daran festgebunden oder, wie im Fall Jesu, festgenagelt wurde. Die Eisennägel wurden zwischen die Handwurzelknochen hindurchgeschlagen, woraufhin der Querbalken an einem bereits im Boden fixierten Pfahl mit Seilen hochgezogen wurde. Im Anschluss wurden die Füße des Verurteilten am Pfahl befestigt. Archäologische Funde von Überresten Gekreuzigter zeigen Nägel, die durch die Fersenknochen geschlagen wurden – in solchen Fällen waren die Füße seitlich am Stamm befestigt. Durch die Kombination des im Boden fixierten Stammes und des daran hochgezogenen Querbalkens entstand die Form eines Kreuzes, daher die Bezeichnung „Kreuzigung“. Eine solche Hinrichtung führte zum langsamen Tod durch Ersticken, Blutverlust, Kreislaufversagen und Infektionen; dieser Prozess konnte viele Stunden, bei weniger brutaler Behandlung (wenn etwa die Geißelung wegfiel oder der Hinzurichtende nicht festgenagelt, sondern nur festgebunden war) auch Tage dauern. Jesus hing etwa sechs Stunden am Kreuz, bis er starb.