„Eure Verirrung möge schamrot werden vor uns Christen, die wir nicht einmal Tierblut unter unsern Speisegerichten haben und uns deshalb von Ersticktem und Krepiertem enthalten, damit wir auf keine Weise mit Blut befleckt werden, auch nicht einmal mit dem im Leibe verborgenen. Zur Quälerei der Christen bringt ihr [Heiden] ja auch noch Blutwürste herbei, sicherlich doch in der festen Überzeugung, daß gerade das bei ihnen verboten sei, wodurch ihr sie vom rechten Wege abbringen wollt.“
Quelle: Tertullians apologetische, dogmatische und montanistische Schriften, übersetzt von Dr. K. A. Heinrich Kellner, in: Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 24, 1915, S. 67/413.Blut
Nach biblischem Verständnis ist alles „beseelt“, was Sauerstoff atmet und über einen Blutkreislauf verfügt. Menschen, aber auch Wirbeltiere, gelten dem zufolge als „lebendige Wesen“ oder „lebendige Seelen“ (hebräisch ne·p̄eš ḥay·yāh, Genesis 1,20; vgl. Kap. 2,7 u. a.). Solange das Blut im Körper zirkuliert, gilt ein Mensch oder ein Tier als „beseelt“, denn „das Leben des Fleisches ist das Blut, und […] das Blut ist die Lebenskraft“ (Levitikus 17,11; vgl. auch den Parallelismus von „Leben“ und „Blut“ in Psalm 72,14).
Vor diesem Hintergrund wird dem Menschen im Kontext der sogenannten noahitischen Gebote untersagt, ein noch nicht getötetes Tier zu essen – eines, „in dem noch Blut und Leben“, in dem somit der Blutkreislauf noch in Takt ist (Genesis 9,4). Blut als Träger des natürlichen Lebens, der Seele, gilt als besonderes Eigentum Gottes, weswegen Gott seinem Volk Israel im mosaischen Gesetz ausdrücklich geboten hatte, zum Verzehr gedachte Tiere auf eine Weise zu töten, die sicherstellte, dass sie zum Zeitpunkt des Verzehrs ausgeblutet waren (Levitikus 17,14).
Obwohl später, unter dem Neuen Bund, die Speisegesetze des Alten Bundes keine Verbindlichkeit mehr darstellen, um als „Volk Gottes“ identifiziert zu werden (Römer 14,3.17; Kolosser 2,16–17), wird doch das Verbot, Blut oder auch Ersticktes (und damit Unausgeblutetes) zu essen, auf dem Apostelkonzil in Jerusalem ausdrücklich wiederholt (Apostelgeschichte 15,19–20.28–29). Im frühchristlichen Kontext wurde das Verbot, Blut zu sich zu nehmen, nicht auf das für Christen nicht geltende mosaische Gesetz beschränkt, sondern galt als universell und damit als nach wie vor und für alle Menschen gültig.
Dialog Octavius (Kap. 30,6)
„[…] es [ist uns] nicht einmal gestattet, ein Menschenmorden anzusehen oder anzuhören; ja so sehr haben wir Scheu vor Menschenblut, daß wir nicht einmal das Blut eßbarer Tiere unter unseren Speisen kennen.“
Quelle: Des Minucius Felix Dialog Octavius, übersetzt von Dr. Alfons Müller, in: Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 14, 1913, S. 68/190.Über die Ehrbarkeit (Kap. 12)
„[…] das Verbot des Blutes [aus Apostelgeschichte 15,29] werden wir weit mehr vom Menschenblut verstehen können.“
Quelle: Tertullians apologetische, dogmatische und montanistische Schriften, übersetzt von Dr. K. A. Heinrich Kellner, in: Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 24, 1915, S. 418/764.